Logo der Apotheken Umschau

Das war mein Alltag

Ich pflegte vier Jahre lang meine Mutter. Sie war ­dement. Zuerst vergaß sie beim Backen die Hefe. Irgendwann wollte sie nicht mehr alleine sein und wurde immer ängstlicher, wie ein Kind. Beim Spazierengehen wollte sie gleich wieder nach Hause. Ich mietete eine größere Wohnung und nahm sie zu mir. Toll war, dass mein Arbeitgeber mich darin unterstützte, vier Monate Pflegezeit zu nehmen und danach in Teilzeit zu arbeiten. Als ich wieder im Büro war, kümmerte sich meist Rosi um meine Mutter, die ich als Pflegekraft angestellt hatte. Kurz vor ihrem 95. Geburtstag ist meine Mutter zu Hause friedlich gestorben.

Das brachte mich an Grenzen

Die körperliche Anstrengung. Meine Mutter war ein Schwerstpflegefall, sie konnte beim Waschen und Essen nicht mithelfen. Trinken ging nur ­löffelchenweise. Auch die Querelen mit Behörden haben Nerven gekostet. Traurig gemacht hat mich, dass mein soziales Umfeld weggebrochen ist, weil ich keine Zeit hatte mitzukommen, wenn die anderen weggehen wollten. Meine Freundinnen meinten, ich tue zu viel, ich opfere mich auf. Doch ich wollte das so.

Das machte mir Mut

Als Nesthäkchen hatte ich immer ein inniges ­Verhältnis zu meiner Mutter. Ich glaube, wenn man die Person, die man pflegt, nicht bedingungslos liebt, kann man eine so intensive Zeit nicht durchhalten. Und wie schlimm ihre Krankheit auch war, sie hat mich immer erkannt – wenn auch nicht als ihre Tochter. Vor dem Schlafengehen habe ich stets den Kopf auf die Schulter meiner Mutter gelegt. Sie hat sich dann zu mir geneigt. Das war ihr Zeichen, dass sie etwas mochte.

Das gab mir Kraft

Wenn meine Mutter schlief, puzzelte ich und las viel. Auf Anraten meiner Hausärztin machte ich eine Psychotherapie. Wenn ich mich wieder aufgeregt habe über komische Absonderlichkeiten oder wenn Ängste in mir hochkamen, hat mich die Psychologin wieder auf den Boden der Tatsachen geholt und mir Mut ­zugesprochen. In Zeiten, in denen es gut lief, konnte ich diese ­Termine ­strecken. Dass ich diesen Joker hatte, hat mir sehr geholfen.

Die Diagnose Demenz ist für viele schwer zu akzeptieren. Wichtig ist ein offener Umgang mit Freunden und Familie.

„Gehen Sie offen mit der Demenz um“

Die Psychologin Sarah Straub weiß aus eigener Erfahrung, wie hart die Diagnose Demenz die Familien trifft. Sie macht Mut: „Das Leben bietet noch so viel Gutes“. zum Artikel